Podiumsdiskussion: Alternativen zur militärischen Friedenssicherung

Beitrag Ulrike Hopp,

Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Bonn

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde

Ich bedanke mich sehr für die Einladung zu Ihrer Konferenz und für die Gelegenheit, mit Ihnen Gedanken und Ideen auszutauschen. Mein Blickwinkel ist der der Entwicklungspolitik.

Seit einigen Jahren, insbesondere natürlich im letzten Jahr seit dem 11.09.01, wird in Deutschland, aber auch international, sehr deutlich hervorgehoben, dass Entwicklungspolitik ein wichtiger Bestandteil einer erweiterten Sicherheitspolitik ist. Sie kann einen zentralen Beitrag leisten, indem sie an den strukturellen Ursachen von Krieg und Terror, von gewalttätiger Konfliktaustragung ansetzt.

Ich will kurz erläutern, wie dies gemeint ist und will dann mit Ihnen diskutieren, was darüber hinaus noch geschehen muss. Denn eines ist uns allen klar: die Entwicklungspolitik kann nur einen geringen Beitrag leisten, ohne die Bereitschaft der Menschen zu einer friedlichen Konfliktlösung kann es auch einen Frieden geben.

Entwicklungspolitik bedeutet in erster Linie sehr langfristig wirkende Prävention: Sie will dazu beitragen, die Strukturen in den betroffenen Ländern so zu verbessern, dass im besten Fall nicht mehr um knappe Ressourcen, den Zugang zu ihnen und ihre Verteilung, Konflikte entstehen. Mit der „klassischen“ Entwicklungszusammenarbeit durch Entwicklungsprojekte sollen diese Ressourcen z.B. im Fall von Wasser oder fruchtbarem Boden gesichert werden, mit Verwaltungsförderung und Unterstützung der Regierungsstellen, der Gerichtsbarkeit soll der Staat befähigt werden, Konflikte partizipativ und gewaltfrei zu lösen und Rechtssicherheit zu ermöglichen.

Hier kann Entwicklungspolitik auch einen Beitrag leisten, indem sie die Konfliktaustragung selbst versucht zu verbessern: Sie kann kurzfristig präventiv wirken, indem sie hilft, Menschen über ihre Rechte aufzuklären und ihnen Wege zeigt, wie sie diese ohne Gewaltanwendung erreichen können. Ebenso müssen staatliche Stellen und die Zivilgesellschaft in der Schlichtung und Mediation von Konflikten gestärkt und Allianzen für den Frieden unterstützt werden.

Nicht zuletzt hat Entwicklungspolitik auch einen Beitrag bei der Sicherung des Friedens nach Beendigung von Gewalt und Krieg zu leisten, indem sie beim Wiederaufbau hilft. Viel zu oft muss Entwicklungszusammenarbeit im nachhinein helfen, die Schäden zu beheben, Infrastruktur zu rehabilitieren und den Menschen wieder einen Lebensraum und ein Einkommen zu verschaffen. Dies geht nicht rein technisch, sondern beinhaltet auch die Unterstützung von Versöhnung, Aufarbeitung der Traumata oder die Unterstützung von Wahrheitskommissionen.

Neben diesen expliziten und teilweisen auch noch sehr neuen Ansätzen, die die Entwicklungspolitik auch erst „lernen“ muss, gilt es aber auch, die übliche Form der Projekte zu überdenken. Implizit, so wissen wir seit einigen Jahren, trägt nämlich Entwicklungszusammenarbeit auch manches Mal zur Eskalation von Konflikten erst bei. Daher müssen wir stärker auf die eigenen Wirkungen auf die Konfliktsituation achten, darauf dass, die Arbeitsweisen, die Einstellungspraktiken, die lokale Vertragsvergabe und die Berücksichtigung der Zielgruppen nicht den Graben zwischen den Menschen vertiefen, sondern helfen, Brücken zu schlagen. Auch müssen wir überlegen, wie zukünftig mit Regierungen in Staaten, die als sog. zerfallende Staaten bezeichnet werden, gearbeitet werden kann, wie mit den Regierungen umgegangen werden muss, die selbst Teil des Konflikts sind. Oder wie wir lernen können, schneller auf drohende Konflikteskalation zu reagieren - allzu oft lagen ja alle Informationen vor, aber dennoch ist es nicht gelungen, die Politiker rechtzeitig zu gewaltfreier Intervention zu bewegen. Hier sind noch viele Fragen offen.

Wichtig ist auch neben den eigenen „Hausaufgaben“ in der Entwicklungspolitik, enger mit den anderen Politikfeldern zusammenzuarbeiten: mit der Außenpolitik, mit der Verteidigungspolitik, aber auch mit der Wirtschafts- und Handelspolitik. Wir müssen gemeinsam mehr Kohärenz in den internationalen Beziehungen schaffen und dazu gibt es wichtige Ansatzpunkte: die deutsche Regierung hat ein Gesamtkonzept erstellt, das die Beiträge der verschiedenen Politikbereiche bündeln soll. Hier gibt es einen Bundessicherheitsrat, in dem das BMZ Mitglied ist und u.a. über Rüstungsexporte mitentscheidet. Die Entscheidungsgrundlage wurde mit dem Regierungswechsel verändert und bezieht nun auch Menschenrechte und die Frage nach der Verwendung der Exportgüter deutlicher als zuvor mit ein. Gemeinsam versuchen Außen-, Verteidigungs- und Entwicklungsministerium Analysen zur Früherkennung von Konflikteskalation zu entwickeln. Und natürlich gibt es koordinierte Ansätze im Wiederaufbau z.B. von Afghanistan.

Wichtiger noch - neben dieser „internen“ Koordination in Deutschland - ist es, im internationalen Rahmen mehr Koordination und Zusammenarbeit zu erreichen: Regionale Gremien zur Konfliktlösung z.B. in Afrika müssen gestärkt werden, der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen muss mehr Durchsetzungsvermögen erlangen, international muss Aufrüstung verhindert werden. Die viel zitierte „Kultur der Prävention“ muss zum Leben erweckt werden.

Und was können wir tun, um dies zu erreichen? Neben der politischen Einflußnahme im Ressortkreis und in internationalen Gremien versucht die Entwicklungspolitik auch bei sich „zu Hause“ im Inland anzusetzen. Auch hier gilt es die Menschen zu sensibilisieren und zu informieren, damit sie selbst von ihren Politikern mehr Engagement und Verantwortung fordern können. In diesem Sinne wirkt ja auch diese Konferenz hier, zu der aus vielen Ländern Menschen gereist sind. Sie alle teilen dieses Engagement bereits und daher will ich an dieser Stelle auch erst einmal schließen, um von Ihnen zu lernen und mit Ihnen zu diskutieren.

Vielen Dank!