Länderbericht Deutschland

2000-2002

Netzwerk Friedenssteuer

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Träger des Aachener Friedenspreises 1993

Allgemeine politische Situation

Obwohl Deutschland sich aktiv an den Aktionen der NATO in Jugoslawien und an der sogenannten Terrorbekämpfung in Afghanistan beteiligt hat und obwohl Deutschland damit zum ersten mal seit dem 2. Weltkrieg wieder aktiv an Krieg teilnimmt, waren die Proteste in der Bevölkerung wesentlich geringer als zur Zeit des Golfkrieges. Damals hatte das Netzwerk Friedenssteuer viel Interesse erweckt, das diesmal ausblieb. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Das Jahr 2002 steht im Zeichen des Wahlkampfes für die Bundestagswahlen am 22. September. Unsere Kräfte sind zu gering, um z.B. durch öffentliche Aktionen Einfluß auf Politiker zu nehmen. Dies ist beschränkt auf Einzelgespräche.

Allerdings sind ein Workshop dieser Internationalen Konferenz sowie das nächste bundesweite Treffen des Netzwerk Friedenssteuer im November dem Thema „Formen von Steuerverweigerung und Aktionen“ gewidmet.

Chancen für eine „Friedenssteuer“

Der Rechtsweg scheint ausgereizt. Von den Gerichten werden wir immer wieder auf den Gesetzgeber verwiesen. Trotzdem gehen Prozesse von Steuerverweigerern weiter, weil wir der Auffassung sind, jeweils ein Urteil aber nicht Recht bekommen zu haben, und weil es notwendig ist, dass unser Protest immer auch vor den Gerichten dokumentiert wird.

Politisch bestehen große Vorbehalte und Ängste bei Juristen und Abgeordneten, die das Öffnen von Schleusen (floodgate argument) und Einschränkung ihrer Macht (Budgethoheit) fürchten.

Struktur und Aktivitäten des Netzwerk Friedenssteuer (NWFS)

Es gibt 2 Jahrestagungen. Ferner existieren 6 Regionalgruppen mit eigenen Arbeitstreffen sowie der Zusammenschluß Steuern zu Pflugscharen mit Aktivitäten innerhalb der evangelischen und katholischen Kirchen.

Die Arbeitsgruppe Gesetzesinitiative hat im Herbst 2000 eine Unterschriften-Sammlung gestartet. Für die Grundsatz-Erklärung:

„Ich trete ein für eine gesetzliche Regelung ein, nach der niemand gegen sein Gewissen gezwungen werden darf, durch Steuern und Abgaben zur Finanzierung von Militär und Rüstung beizutragen. Stattdesssen ist die Verwendung dieser Zahlungen für zivile Aufgaben sicherzustellen.“

liegen bis jetzt über 6300 Unterschriften vor.

Seit Frühjahr 2001 läuft eine neue Initiative zur Vorbereitung einer weiteren Gesetzesvorlage für Militärsteuer-Verweigerung. Die Arbeitsgruppe stellte verschiedene Entwürfe für ein Gesetz zusammen. Dies geschah in der Absicht, einen Gesetzesentwurf zu erreichen, der von verschiedenen Fraktionen des deutschen Bundestages unterstützt werden kann. Gleichzeitig wurden ein umfangreicher Lobby-Ratgeber, Musterbriefe und andere Argumentationshilfen erstellt für das Gespräch von Verweigernden mit ihren Politikern im Bundestag. Derartige Gespräche sind bis Juni 2002 von 8-10 Personen geführt worden.

Prozesse gegen die Finanzbehörden wurden im Jahr 2002 bis jetzt von mindestens drei Verweigerern/innen geführt. Eine vierte Klage sowie eine weitere Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht sind eingereicht.

Während der Frühjahrstagung 2001 schlossen sich die Militärsteuer-Verweigernden einer politischen Aktion anderer Friedensgruppen an und haben auf dem Marktplatz von Marburg symbolisch „Geld aus dem Fenster geworfen“ als Zeichen für die Verschwendung von Geld in Form staatlicher Verteidigungsausgaben.

Die Entwicklungen bei den Religionsgemeinschaften sind sehr unterschiedlich. Das Anliegen wird bei den Quäkern und Protestanten behandelt. Pax Christi ist mit einem Workshop auf der Internationalen Konferenz 2002 vertreten. Die Spitzenorganisation der Evangelischen Kirche in Deutschland, derzeit vertreten durch Dr. Jürgen Schmude als Vorsitzendem der EKD-Synode (ehemaliger Justizminister der Bundesrepublik), teilte mit: „Es gibt keine neue Geschäftsgrundlage zur Aufnahme Ihres Anliegens.“ Trotzdem gewinnen wir auch hier langsam an Boden: Die Synode der ev. Landeskirche in Thüringen hat eine unterstützende Erklärung abgegeben. Einzelne protestantische Landes-kirchen führten Gespräche mit den Verweigernden. Mehrere protestantische Landeskirchen haben insgesamt circa 11.000 EURO an Zuschüssen für diese Konferenz bewilligt.